Verfassungswidrige Ausweitung polizeilicher Bundeskompetenzen und Durcheinander im militärischen Polizeirecht
Sicherheit schafft nicht nur das Militär oder was anstelle eines Staatssekretariats für Sicherheut erorderlich ist.
St. Galler Kommentar, 4. Auflage (2023)
Aktuelle Auflage 2023 erschienen..
Der «St. Galler Kommentar» ist eine etablierte Kommentierung zur geltenden schweizerischen Bundesverfassung. Er hat in Wissenschaft und Praxis grosse Verbreitung und Anerkennung gefunden. Im Sommer 2023 ist die 4. Auflage erschienen.
Darin finden sich Beiträge von Markus H.F. Mohler und Reto Müller zu
- Art. 57 BV «Sicherheit» (Neukommentierung)
- Art. 107 BV «Waffen und Kriegsmaterial» (Neukommentierung)
von Reto Müller und Hansjörg Meyer zu
- Art. 58 BV «Armee» (Überarbeitung)
- Art. 59 BV «Militär- und Ersatzdienst» (Neukommentierung)
- Art. 60 BV «Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee» (Überarbeitung)
von Reto Müller und Rainer J. Schweizer zu
- Art. 52 BV «Verfassungsmässige Ordnung» (Überarbeitung)
von Reto Müller zu
- Art. 195 BV «Inkrafttreten» (Überarbeitung)
- den «Vorbemerkungen zu Art. 196-197 BV» (Überarbeitung)
- Art. 196 BV «Übergangsbestimmungen» (Überarbeitung)
- den «Schlussbestimmungen zur BV» (Überarbeitung)
Innerhalb der «Sicherheitsverfassung» zeigt sich die hohe Bedeutung und Brisanz der bundesstaatlichen Kompetenzordnung. Die geltende Ordnung stösst verschiedentlich an ihre Grenzen. Gleichwohl ist seit der Bearbeitung des «Postulats Malama» keinerlei Reformbestrebung mehr festzustellen, welche auch die Verfassungsebene einschliessen würde. Vielmehr wird versucht, die Dinge auf dem Wege der Gesetzgebung hinzubiegen und dabei Grenzen zu verschieben.
Im Bereich der Armee liegt ein besonderer Fokus auf der Beschaffung von Rüstungsgütern, des Rechtsrahmens für Einsätze im Inneren sowie auf dem Erhalt der Einsatzfähigkeit der Armee. Bei der Militärdienstpflicht werden Zusammenhänge und Fragen zur Wehrgerechtigkeit besonders hervorgehoben.
Beim Verfassungsartikel über das Kriegsmaterial wird ein kritischer Blick auf die Entwicklung bis und mit Sommer 2022 gelegt. Lieder war es aufgrund des vorgegebenen Arbeitsplans nicht möglich, die laufenden Diskussionen bis zum Schluss zu berücksichtigen.
Bei den Bestimmungen zum Inkrafttreten und den Übergangsbestimmungen ging es vor allem darum, die jüngere Literatur und Rechtsprechung nachzutragen. Inhaltliche Ergänzungen betreffen den Vertrauensschutz.
SGK (4. Aufl.) Art. 52 BV - Leseprobe.pdf (124,9 kB)
SGK (4. Aufl.) Art. 57 BV - Leseprobe.pdf (113,9 kB)
SGK (4. Aufl.) Art. 58 BV - Leseprobe.pdf (115,2 kB)
SGK (4. Aufl.) Art. 59 BV - Leseprobe.pdf (118,0 kB)
SGK (4. Aufl.) Art. 60 BV - Leseprobe.pdf (118,1 kB)
SGK (4. Aufl.) Art. 107 BV - Leseprobe.pdf (121,4 kB)
SGK (4. Aufl.) Art. 195 BV - Leseprobe.pdf (145,4 kB)
SGK (4. Aufl.) SchlussBest. BV - Leseprobe.pdf (112,4 kB)
SGK (4. Aufl.) Vorbem. UeBest. BV - Leseprobe.pdf (117,4 kB)
Zur Verständlichkeit und Krisentauglichkeit der Bundesverfassung
Gestützt auf Beobachtungen zu Verfassungsfragen während der Pandemiebekämpfung ergaben sich Fragen, wie weit die Bundesverfassung nicht nur für das Publikum, sondern selbst für Rechtswissenschafter verständlich ist. Die Frage richtet sich auf den normativen Informationsgehalt verschiedener Bestimmungen, auch von Grundrechtsgarantien und deren Grenzen.
Mit Blick auf die Pandemiebekämfung im Sinne einer Krisenlage stellt sich darüberhinaus nach dem Beginn des Aggressionskrieges Russlands gegen die Ukraine auch die Frage, ob die derzeitige "Friedensverfassung" krisen-, ja notstandstauglich sei oder ob sie mit Bestimmungen für einen Staatsnotstand ergänzt werden sollte.
Der entstandene Beitrag von Markus H.F. Mohler war als "Vorbemerkungen zur Sicherheitsverfassung" in der 4. Auflage des St. Galler Kommentars zur Bundesverfassung gedacht. Statt dessen ist er im Jusletter publiziert worden.
CAS Innere Sicherheit @ ZHAW
Die dritte Ausgabe des CAS Innere Sicherheit der ZHAW (School of Management and Law) startet im Februar 2024.
Das erste Modul über die Grundlagen des Rechts der Inneren Sicherheit umfasst
- das Spannungsverhältnis zwischen Freicheit und Sicherheit sowie den daraus resultierenden Abgrenzungsfragen,
- Terrorismus und Gewaltextremismus,
- Organisierte Kriminalität
- Cyber Crime
- Spionage
- (Non-)Proliferation
- Internationalen Trends.
Das zweite Modul befasst sich mit dem Organisationsrecht nationaler und internationaler Sicherheitsinstitutionen, namentlich
- der Polizei und der Grenzwache
- dem Nachrichtendienst
- der Armee und der Militärjustiz
- der Privatisierung von Sicherheitsaufgaben
- den internationalen Bezügen mit Frontex, Europol, Interpol und Eurojust
Das erste Modul wird mit einer schriftlichen Arbeit und das zweite Modul mit einer schriftlichen Prüfung abgeschlossen.
Neutralität, UNO-Charta, Haager Konventionen
Derzeit werden heisse Diskussionen über die Neutralität in Politik und Gesellschaft geführt. Ausgelöst wurden diese durch den russischen militärischen Angriff auf die Ukraine, die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland einerseits und die Haltung des Bundesrates bezüglich Wiederausfuhr von in der Schweiz gekauftem Kriegsmaterial andererseits. Gestützt auf die Neutralität weigert er sich, die vertraglichen Wiederausfuhrverbote (Deutschland: Fliegerabwehr-Munition, Dänemark: Schützenpanzer, Spanien: Artilleriegeschütze) aufzuheben. Oder in der Schweiz gelagerte, nicht gebrauchte Kampfpanzer direkt in die Ukraine auszuführen.
Was "Neutralität" bedeutet und was sie bezweckt, ist allerdings unklar resp. widersprüchlich. Dabei werden Neutralität "im Allgemeinen", Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik (auch vom Bundesrat in seinen Äusserungen) munter vermischt. Sie müssen aber auseinandergehalten werden.
Der "Neutralität im Allgemeinen" stimmt eine grosse Mehrheit zu (~90%). Geht es aber um den Zweck bzw. die Funktionen der "Neutralität" sieht es anders aus: die Neutralität gehöre zur "Identität" finden ~80%. Der Funktion "Konfliktvermeidung" stimmen nur noch 55% zu, dass sie militärisch glaubhaft geschützt werden kann, noch 48%. 55% sind für eine Annäherung an die NATO, 53% sind der Meinung, die Neutralität lasse es zu, dass die Schweiz die militärische Verteidigung zusammen mit der Nato plane. Einen NATO-Beitritt befürwortet aber nur ein Drittel. 38% sind der Meinung, unsere enge politische und wirtschaftliche Verflechtung mit anderen Staaten verunmögliche die Neutralität. Eine klare Mehrheit von 75% ist der Auffassung, die (wirtschaftlichen) Sanktionen gegenüber Russland seien mit der Neutralität vereinbar. 57% befürworten eine differenzielle Neutralitätspolitik der Schweiz, das heisst, sie soll politisch Stellung beziehen, aber militärisch neutral sein (Ergebnisse gem. Umfrage des CSS der ETH, publ. am 16.3.203 https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-93735.html). 55% befürworten die Weitergabe von Kriegsmaterial aus Schweizer Produktion durch Drittstaaten an die Ukraine (Umfrage Sotomo i.A. der NZZaS, https://www.bernerzeitung.ch/mehrheit-befuerwortet-weitergabe-von-schweizer-kriegsmaterial-an-ukraine-615237106283).
Was bedeuten diese Umfrageergebnisse? Eine Kurzanalyse:
- Je allgemeiner Neutralität angesehen wird, desto breiter die Zustimmung ("im Allgemeinen", "Identität")
- Je konkreter nach dem Zweck, der Funktion gefragt wird, desto schwächer wird die Zustimmung
- Je näher die Frage bezüglich Sicherheit ("Konfliktvermeidung") bzw. Verteidigung der Schweiz aufgeworfen wird, desto widersprüchlicher werden die Antworten (Verteidigung mit der NATO planen, aber kein Beitritt). Das ist egoistisch: bei einem militärischen Angriff auf die Schweiz erwartet man die Unterstützung durch die NATO, wie geübt, ist aber zur entsprechenden Gegenleistung nicht bereit.
- Hinsichtlich Neutralität in Bezug auf den Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine wird zwischen wirtschaftlichen und militärischen Sanktionen ([Wieder-]Ausfuhr von Kriegsmaterial an die Ukraine) unterschieden, obwohl dieser Unterschied neutralitätsrechtlich nicht besteht: Art. 41/42 UNO-Charta. Die militärischen Sanktionen sind die Verschärfung, wenn die wirtschaftlichen nichts oder nicht hinreichend genützt haben. Das entspricht dem Verhältnismässigkeitsprinzip.
Mit anderen Worten: die Neutralität ist vom Mythos zur Ersatzreligion geworden ("im Allgemeinen", "Identität"), man glaubt an sie. Einen Glauben aufzugeben, fällt schwer, selbst wenn man weiss, dass es ein Aberglaube ist ("Konfliktvermeidung", Verteidigung). Der Glaube an die "bewaffnete Neutralität" ist ohnehin ein Irrglaube, denn die Schweizer Armee ist nicht fähig, den Verteidigungsauftrag der Bundesverfassung zu erfüllen, auf Jahrzehnte hinaus nicht. Wir sind restlos von der Bereitschaft der NATO-Länder abhängig, ohne zur geringsten Gegenleistung bereit zu sein (z.B. Angleichung an die NATO-Vorgaben betr. Verteidigungsausgaben qua BIP).
Konkret auf die Fragen der Neutralität und der Kriegsmaterialausfuhr bezogen folgen zwei unterschiedliche Darstellungen als Anhänge.
Notrechtliche Übernahmen der Credit Suisse
Mit verfassungsunmittelbaren Massnahmen hat der Bundesrat am 19. März 2023 die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ermöglicht (→ Informaitonen des Bundesrats). Dabei stützt sich der Bundesrat auf eine sehr weite Interpretation seiner Organkompetenzen für die ausserordentliche Lage. Im Grunde wird damit die heikle Praxis bestätigt, welche im Jahr 2008 - damals zur Rettung der UBS - gelockert worden war.
Die Rettung der Credit Suisse wurde an einem Webinar von Weblaw diskutiert.
• Besondere rechtliche Instrumente, Dr. Reto Müller
• Die rechtliche Bedeutung der Nichtgenehmigung der dringlichren Verpflichtungskredite durch das Parlament, Prof. Dr. Andreas Stöckli
• Zusammenschlusskontrolle - Gläubigerschutz schlägt Wettbewerbsrecht, Mario Strebel, lic.iur., CORE Attorneys
• Die Investitionskontrolle bei Übernahmen systemrelevanter Banken, Dr. Anne Mirjam Schneuwly
Ups they did it again (World of Businesslaw)
Der Schock nach der UBS-Rettung im Jahr 2008 sass tief. Besondere Regulierungen für systemrelevante Banken sollten ein ähnliches Fiasko künftig verhindern. Im Fall der Credit Suisse griff der Bundesrat im März 2023 gleichwohl wieder verfassungsunmittelbar ein. Der Bund übernahm vorerst immense Risiken und die Probleme der Bank wurden mit staatlicher Hilfe «wegfusioniert». Die Ereignisse hinterlassen einen schalen Nachgeschmack. Scheitert der demokratische Rechtsstaat an der Bankenregulierung?
Zum Sonderstatusrechtsverhältnis
Gedanken zur Schengen/Dublin-Rechtsübernahme
Schengen-Dublin, rechtsstaatliche Herausforderung in der Schweiz
Am 6. November 2020 fand im Rahem der Reihe "Recht aktuell" der Juristischen Fakultät die vorerst letzte Tagung zum Thema "Schengen in der Praxis – Die neuesten Rechtsentwicklungen in der EU und in der Schweiz unter der Leitung von Prof. Dr. iur. Stephan Breitenmoser und in Kooperation mit dem Bundesam für Justiz, em Bundesamt für Polizei, dem Staatssekretariat für Migration sowie dem UNHCR statt. Im Tagungband mit dem Titel "Schengen und Dublin in der Praxis, in der EU, in der Schweiz und in einzelnen europäischen Staaten mit einem Blick auf 70 Jahre Flüchtlingskonvention" (Hrsg. Stephan Breitenmoder/Peter Übersax/Peter Hilpold) befasst sich ein Beitrag von Markus Mohler mit den jüngsten Weiterentwicklungen und den damit verbundenen rechtsstaatlichen Herausforderungen in der Schweiz.
Das gesamte Konstrukt wird mit dem durch die Interoperabilität ausgelösten Paradigmenwechsel überkomplex und damit - zumindest für Betroffene - kaum mehr verständlich. An die staatlichen Akteure bis zu den einzelnen Polizei- und Grenzsicherheitsangehörigen stellt es höchste Anforderungen, wenn die Kriterien der Rechstaatlichkeit beachtet, nicht überschritten werden sollen.
La Nuit du Droit 2022
Aufzeichnung jetzt Online
La Nuit du Droit vom 4. Oktober 2022 am Conseil Constitutionnel in Paris. Thema: Ukraine-Krieg. Nach einer Einleitung durch Präsident Selenskjy diskutieren Karim Khan (ICC), Andriy Kostin (Generalstaatsanwalt der Ukraine) und Colonel François Heulard (Direktor des Institut de recherche criminelle de la Gendarmerie national). Am Schluss folgt die Einspielung einer Aufzeichnung mit Robert Badintere. Pianistein Khatia Buniatishvili äussert ihre Erfahrungen aus dem russischen Überfall auf Georgien 2008. Den Rahmen steckt Laurent Fabius (Vorsitzender CC) ab.
Interessant erscheint die Diskussion darüber, ob Kriegsverbrechen später allenfalls parallel beurteilt werden könnten: Durch den ICC und / oder durch ein Sondertribunal (das Stichwort «Nürnberg» brachte Selenskyj gleich zu Beginn). Vielleicht wird sich Völkerstrafrecht in der Aufarbeitung dieses Krieges weiterentwickeln. Weder Russland noch die Ukraine haben das Römer Statut ratifiziert. Die Ukraine sammelt bereits fleissig Beweise für Kriegsverbrechen.
Anti-Terror-Operationen
Soeben erschienen...
Das Fallrecht des EGMR zum Grundrecht auf Leben hat sich mit der Beurteilung einer Anti-Terror-Operation auf Gibraltar zu entwickeln begonnen. Ein jüngeres Urteil betrifft die Geiselbefreiung in Beslan. Aus der Rechtsprechung folgen sowohl Verbote als auch Verpichtungen für die Sicherheitskräfte. Bei der Abwehr terroristischer Gefährdungen kann ein Dilemma zwischen der Picht zur Rettung von Opfern und dem Verbot der Tötung von Tätern bestehen.
Das vorliegende Werk setzt sich vertieft mit den drei Teilgehalten von Art. 2 EMRK auseinander: Der positiven, der negativen und der prozeduralen Verpichtung. Gestützt darauf werden die Rechtsgrundlagen für polizeiliche Operationen und für den Einsatz von potenziell tödlichen Zwangsmitteln untersucht. Mit der Unterscheidung zwischen einer prä-operationellen, einer operationellen und einer post-operationellen Phase können bestehende Verpichtungen der Staaten eingeordnet werden. Staatliche Verpichtungen bestehen sowohl bereits weit vorgelagert als auch im Nachgang zu eigentlichen Operationen.
Die Rechtsprechung zum Einsatz potenziell tödlicher Gewalt bildet heute einen engmaschigen, praxisrelevanten Standard für die Europaratsstaaten. Das vorliegende Werk soll zu weiteren juristischen Beiträgen und Diskussionen anregen.
Videointerview
Philip Hanke, Verlagsleiter Weblaw, frägt die Autoschaft
- wie es zum Werk gekommen ist,
- welche Urteile untersucht worden sind,
- welches die Relevanz und der Handlungsbedarf für die Schweiz sind,
- warum zwischen prä-operationellen, operationellen und post-operationellen Pflichten unterschieden wird.
Buchseite und Bestellmöglichkeit
Auf der Buchseite bei Weblaw finden sich weitere Informationen und eine Download- repektive Bestellmöglichkeit.
Sicherheitspolitik - ein irritierendes Interview
Entwurf sicherheitspolitischer Bericht 2021
Kritik am Anti-Terrorismus-Gesetz
(von Markus Mohler)
In einem Artikel in der Basler Zeitun von 31. Mai/1. Juni 2021 wird das PMT-Gesetz, über das am 13. Juni abgestimmt wird, als ebenso verfassungs- und EMRK-widrig wie nutzlos kritisiert. Mit diesen Massnahmen kann ein wirklich entschlossener, terroristisch motivierteer Gewalttäter an einem Anschlag nicht gehindert werden.
PMT-Gesetz - Verfahrensfragen und Zweckerreichung
(von Markus Mohler)
Im dritten und letzten beitrag zum PMT-Gesetz bzw. zur Teilrevision des BWIS wird zunächst nachgewiesen, dass zu den auf in Art. 23f Abs. 1 Bst. a - c BWIS genannten Msssnahmen, die von den Kantonen zu ergreifen sind, bei genauerBetrachtung aus unterschiedlichen Gründen keine Subsidiarität besteht, bestehen kann. Es wird ferner gezeigt, dass das Kriterium zur Annahme einer Gefährlichkeit (Anhaltspunkte) rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt und in Bezug auf die Einschränkung auf eine Liegenschaft vergleichbaren Regelungen für präventive Haft (Fortsetzungsgefahr, Verwahrung) in keiner Weise entspricht. Die Verschränkung von verwaltunsgrechtlichen Massnahmen mit einem Straftatbastand für genau das gleiche Verhalten wirft besondere Fragen auf (materiell-strafrechtliches Legalitätsprinzip, Art. 1 StGB. Art. 7 EMRK), in Verbindung mit den integrativen Massnahmen (Art. 23f Abs. 1 Bst. a BWIS, Ausländergesetz) auch, ob es sich um Feindstrafrecht handeln könnte.
Verfahrensrechtlich herrscht ein Durcheinander, wobei wesentliche Regelungen (so betr. rechtliches Gehör vor der Etikettierung als terroristischer Gefährder und gleichzeitiger Verfügung einer Massnahme) fehlen.
Schliesslich wird dargetan, dass die Massnahmen nicht dazu taugen, eine tatsächlilch terroristisch motvierte Person an einer Gewaltstraftat zu hindern, womit das Gesetz seinen Zweck nicht erreicht. Übersehen wurde offenbar auch das bereits existierende rechtliche Abwehrdispositiv gegen Straftaten mit einem terroristischen Hintgergrund.
PMT-Gesetz weder verfassungs- noch EMRK-konform
(von Markus Mohler)
Als zweiter Beitrag zu dem mit dem Tittel Dem PMT-Gesetz fehlt die Verfassungsgrundlage wird in diesem Aufsatz die Frage untersucht, ob wesentlichen Bestimmungen im geänderten BWIS verfasssungs- und EMRK-konform seien. Dabei stellt sich heraus, dass die Umschreibung von "terroristische Aktivität" als Kriterium für die Benennung einer Person als "terroristischer Gefährder" die Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot weder von der BV noch von der EMRK her erfüllt. Die Einschränkung auf eine Liegenschaft als Freiheitsentzug kann mit der ungenauen Definition und der nicht belastbaren Methode der Einschätzung einer Gefahr mit Art. 5 Abs. 1 lit. b oder c EMRK nicht in Einklang gebracht werden. Zudem wird durch diese Unbestimmtheit auch das Störerprinzip, mithin das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt.
In einem folgenden letzten Artikel zum Thema PMT-Gesetz werden Verfahrensfragen und die Frage der Zweckerreichung - Verhindern einer terroristischen Gewaltstraftat - erörtert.
Entscheiden Gewalt androhende Extreme über die Versammlungsfreiheit?
Dem PMT-Gesetz fehlt die Verfassungsgrundlage
(von Markus Mohler)
Am 25. September 2020 hat das Eidg. Parlamant das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zu Bekämpfung von Terrorismus angenommen. Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Am 13. Juni 2021 wird darüber abgestimmt.
In diesen Beitrag wird dargetan, dass die Argumente des Bundesrates, wonach dem Bund die Kompetenz zum Erlass dieses Gesetzes zukomme, in Bezug auf das u. a. geänderte Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneen Sicherheit der Schweiz (BWIS) nicht stichhaltig sind. Es handelt sich um einen eigentlichen Einbruch in die Polizeihoheit der Kantone.
Dazu trägt bei, dass schon der Ausdruck "terroristsisch" von seiner Umschreibung her weder mit dem Verfassungsrecht noch der EMRK übereinstimmt.
Die materiell-rechtlichen Fragen werden in einem folgenden Beitrag erörtert.
Behördenbeurteilungen des Bundesanwalts in der FIFA-Affäre - Gründe für die aufsichtsrechtlichen Probleme
GPK und Bundesgericht im Clinch nach Amtsgeheimnisverletzung
Die Schweizer Strafjustiz in der Krise
Polizeiberuf und Polizeirecht im Rechtsstaat
Soeben erschienen:
Der Polizeiberuf fasziniert. Anders sind die unzähligen Kriminalromane und -filme nicht zu erklären. Doch was hinter der realen Polizeiarbeit steht, ist weitgehend unbekannt. Fast alles polizeiliche Verhalten, ob Handeln oder Nichthandeln, muss eine rechtliche Grundlage haben. Diese nennt man zusammengefasst auch Polizeirecht.
Doch was ist Polizeirecht? Es besteht aus einer Vielzahl von völkerrechtlichen Abkommen, den Verfassungen von Bund und Kantonen, mehreren Bundesgesetzen sowie den kantonalen Polizeigesetzen. Zusammengefasst bilden sie die Rechtsgrundlage dessen, was die Polizei muss, darf und nicht darf. Das alles in der täglichen Praxis richtig umzusetzen, stellt sehr hohe Anforderungen. Denn immer geht es auch um den Schutz von Grundrechten und die Beachtung der Rechtsstaatlichkeit. Und diese stehen im Zentrum der Darstellung.
Dieses Buch verschafft einen Überblick und zeigt Zusammenhänge auch für nicht juristisch ausgebildete Interessierte und Studierende auf.
Das Buch mit rund 240 Seiten (einschliesslich Verzeichnisse) kostet CHF 53.
Online Bestellen
Stämpfli VerlagNach dem Vorwahlskandal gesetzeswidrige Wiederwahl
Was geht hier vor? - Justizdrama statt Sommermärchen
Was ist Technikrecht?
(von Reto Müller)
Die Querschnittsmaterie Technikrecht etabliert sich immer stärker als eigenständige Disziplin.
Der Beitrag setzt sich mit öffentlich- und privatrechtlichen Elementen staatlicher Technikregulierung auseinander. Der rechtliche Rahmen dient der Ermöglichung und Verbreitung von Technik als Motor des Fortschritts, setzt basierend auf Grundsatz- oder Wertentscheidungen aber auch Leitplanken.
Forschungsfreiheit und Innovationsförderung bilden zentrale Schnittstellen zwischen Recht und Technik. Das Recht kann und soll der Eigengesetzlichkeit und Dynamik von Technik Rechnung tragen.
Eine allgemeine Schranke bildet die Pflicht zur Gefahrenabwehr.
Änderung Bundesgerichtsgesetz: Erschwerung des Zugangs zum Bundesgericht
Öffentliche Sicherheit in föderalistischen Systemen
(von Markus Mohler)
Die Schweiz ist Mitglied im Forum of Federations, eine gouvernementale internationale Organisation mit Sitz in Canada. Im Mai kam ein Buch mit dem Titel Public Security in Federal Policies heraus, in dem neun Länderberichte (Brasilien, Canada, Deutschland, Indien, Mexico, Süd Afrika, Spanien, die Schweiz und die Vereinigten Staaten von Amerika) über das jeweilige föderale System der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zusammengefasst sind. Ein Überblick zeigt, dass die Kriminalitätsbelastung in den einzelnen Ländern nicht nur durch die unterschiedlichen föderalen Architekturen gepägt ist, sondern auch ganz andere Faktoren eine wesentliche Rolle spielen. Dasselbe gilt auch für die Verfügbarkeit sowie die Einsatzarten und -methoden der Sicheerheitskräfte.
Den Länderbericht Schweiz verfassten Markus Mohler und Rainer J. Schweizer. Je ein Expl. des Buches ist in den Universittsbibliotheken von Basel und St. Gallen, der Juristischen Fakultät der Uni Basel, sowie den Bibliotheken des Bundesgerichts und des Parlaments vorhanden.
Zur Gerichtsverwertbarkeit von Dashcamaufnahmen im Strassenverkehr
Innere Sicherheit: Staatliche Schutzpflichten
(von Reto Müller)
Die Rechtsfragen nach einer «Privatisierung» von Sicherheit und die dafür zu berücksichtigenden Schranken werden meist allgemein und abstrakt diskutiert. Für die jüdischen Gemeinschaften in Basel, Bern und Zürich stellen sie sich konkret. Insbesondere stellt sich die Frage, ob der Staat verpflichtet ist, für privat erbrachte Sicherheitsdienstleistungen aufzukommen.
Die drei unabhängig voneinander verfassten Gutachten kommen unter Einbezug des übergeordneten Rechtsrahmens für alle drei Kantone zu ähnlichen Schlüssen: Gegenüber geschützten Minderheiten können besondere, im internationalen Recht begründete oder auf Grundrechten beruhende staatliche Schutzpflichten bestehen. Infolgedessen kann das Gemeinwesen im Einzelfall zur Übernahme der Kosten für Sicherheitsmassnahmen verpflichtet werden, die durch den Beizug privater Sicherheitsdienstleister entstehen.
Vollziehungsgesetzgebung zur StPO, Vorrang Bundesrecht und Gewaltentrennung
Bundesverfassung als oberstes Recht - nur wenn's passt
Körperkameras bei der Polizei, Anforderungen an die Rechtsgrundlagen
Föderalismus im Sicherheits- und Polizeirecht - Reform dringend!
(von Markus Mohler)
Im Sicherheits- und Polizeirecht ist der Föderalismus mannigfach unter Druck: Der Bund dehnt seine Kompetenzen entgegen der Verfassung zu Lasten der kantonalen Polizeihoheit immer mehr aus; nur wenige Kantone sind wirklich in der Lage, ihre Aufgaben just in der Bekämpfung unterschiedlicher Schwerstkriminalität wirkungsvoll zu erfüllen, und in Lagen mit geteilter Zuständigkeit – bspw. gleichzeitige Terrorattacken gegen verschiedenartige Ziele – besteht über die Führung keine Klarheit, was vermeidbare schlimme Folgen haben kann. Der Ressourcenmangel ist evident. Politische Äusserungen widersprechen oft der Wirklichkeit. Eine Grundsatzdiskussion über eine Reform des Föderalismus in diesem staatlichen Kernaufgabenbereich ist sachlich und zeitlich dringend.
St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung (3. Aufl.)
Der «St. Galler Kommentar» stellt die umfassendste Kommentierung der geltenden schweizerischen Bundesverfassung dar. Er hat in Wissenschaft und Praxis grosse Verbreitung und Anerkennung gefunden und sich als Standardwerk etabliert.
Seit der zweiten Auflage im Jahre 2008 hat sich das Schweizer Verfassungsrecht in erstaunlich hoher Dynamik entwickelt. So sind in den letzten Jahren verschiedene Teilrevisionen der Bundesverfassung beschlossen worden.
Auch manifestieren sich die Auswirkungen früherer Reformprojekte erst allmählich in voller Konsequenz. Darüber hinaus haben zentrale Bestimmungen der Bundesverfassung unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise eine neue Auslegung erfahren; zu denken ist etwa an das Notrecht. Immer deutlicher wird ein Spannungsfeld
zum internationalen Recht sichtbar.
Die dritte, vollständig überarbeitete Auflage trägt diesen Entwicklungen und Ergänzungen Rechnung. Im Rahmen einer kohärenten Gesamtdarstellung werden sämtliche Bestimmungen der geltenden Bundesverfassung vertieft besprochen und Querbezüge verdeutlicht. Dabei werden auch legislatorische Aspekte sowie internationalrechtliche Verflechtungen verstärkt einbezogen.
Darin finden sich Beiträge von Markus H.F. Mohler zu
- den Vorbemerkungen zur Sicherheitsverfassung (mit Rainer J. Schweizer; Neukommentierung)
- Art. 57 BV "Innere Sicherheit" (mit Rainer J. Schweizer; Neukommentierung)
- Art. 107 BV "Waffen und Kriegsmaterial" (Neukommentierung)
und von Reto Müller zu
- Art. 52 BV "Verfassungsmässige Ordnung" (mit Rainer J. Schweizer; Abs. 2 als Neukommentierung)
- Art. 58 BV "Armee" (mit Hansjörg Meyer; Neukommentierung)
- Art. 195 BV "Inkrafttreten" (Neukommentierung)
- den Vorbemerkungen zu Art. 196-197 BV (Neukommentierung)
- Art. 196 BV "Übergangsbestimmungen" (Neukommentierung)
- den Schlussbestimmungen zur BV (basierend auf dem Text von Dienter Biedermann; 2. Aufl.)
Das Werk ist im Oktober 2014 erschienen.
Grundzüge des Polizeirechts in der Schweiz
Vor nahezu zwanzig Jahren erschien die letzte Gesamtdarstellung des Polizeirechts in der Schweiz. In der Zwischenzeit hat sich das Polizeirecht grundlegend gewandelt. Nicht nur wurden seither in allen Kantonen Polizeigesetze erlassen oder novelliert, zugleich hat eine Vervielfachung der Rechtsquellen das Polizeirecht zu einem
komplexen Querschnittsrecht werden lassen.
Das neue Handbuch bietet einen Überblick über diese Gemengelagen und gibt Antwort auf alle wichtigen verfassungsrechtlichen und praktischen Fragen der polizeilichen Arbeit. Das Schwergewicht des Werkes liegt, nach einemÜberblick über die behandelten Themenblöcke, auf der Prägung des Polizeirechts durch die drei Funktionen der Grundrechte und auf den rechtsstaatlichen Anforderungen an Rechtssetzung und Rechtsanwendung in diesem
Rechtsgebiet. Weitere Kapitel sind den im Polizeiwesen prominenten Realakten, der Amts- und Rechtshilfe mit ihren mitunter grundrechtlich zweifelhaften Konstellationen und dem Datenschutz gewidmet.
Eingehend und kritisch werden auch die Übertragung polizeilicher Aufgaben an Armeetruppen und dieWahrnehmung von Sicherheitsaufgaben durch Private behandelt. Die praktische Erfahrung des Autors kommt in zahlreichen Beispielen zu rechtlichen Begriffen und Erfordernissen zum Ausdruck.